Dr. Georg Kronawitter Presse [Presseerklärungen Sadtrat Dr. Georg Kronawitter (CSU)]

"O ihr Kleingläubigen" - wer verbreitet Angst vor der U-Bahnanbindung Pasings?

[9.09.2011] Was reitet die MVG-Spitze, so vehement die verkehrliche Funktion einer U-Bahnanbindung Pasings kleinzureden, wie man einem Artikel heute (Quelle) entnehmen konnte? Letztlich sind es zwei Hauptargumente, die die MVG ins Feld führt, warum eine U-Bahnanbindung Pasings angeblich nicht als Ersatz für die 2. S-Bahnstammstrecke taugt: zu geringe Kapazität und die Wies'n. Beide Argumente halten einer Überprüfung nicht stand.

Kein Problem: der Normalfall

Die Auslastung der U4/U5-Trasse ist nämlich im Westen geringer als im Osten. So ist der stärkst ausgelastete Teil der U5 im Bereich zwischen Ostbahnhof und Innsbrucker Ring. Westlich vom Ostbahnhof ist die U5 also stets schwächer ausgelastet und hat somit entsprechende Reserven. Die Anbindung Pasings würde aber gerade in diesem aufnahmefähigen Bereich mehr Fahrgäste aus dem Westen bringen, die aber spätestens am Odeonsplatz die U5-West wieder verlassen und z. B. zur U3/U6 umsteigen.

Östlich vom Odeonsplatz (Lehel, Max-Weber-Platz) dürfte der Fahrgastzuwachs auf der U5 durch die Anbindung Pasings nicht mehr nachweisbar sein, weil insbesondere Berufspendler, die an diesen Stationen aussteigen, schon heute die S-Bahn von Pasing bis Stachus benutzen und dort in die U4/U5 umsteigen. Das sind also die Sowieso-Fahrgäste.

Um wieviele Fahrgäste geht es denn eigentlich, die die U4/U5 zusätzlich täglich aufnehmen müsste, um die Kapazität der 2. Stammstrecke zu ersetzen?

Hier ist es hilfreich, sich zu erinnern, dass nach Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke statt der heutigen 30 Zugpaare pro Stunde in der Spitzenzeit künftig 33 Zugpaare fahren sollen - also gerade mal 3 Zugpaare mehr. Ein Langzugpaar auf der S-Bahn stellt eine Kapazität von 3.000 Fahrgästen dar. Letztlich werden also nur 9.000 Plätze in der Spitzenstunde mehr benötigt. Ein U-Bahn-Zugpaar bringt 2.000 Fahrgäste pro Stunde. D.h. selbst unter ungünstigsten Umständen (keine freie Kapazität in den bestehenden U4/U5-Zügen aus Westen) wären in der Spitzenstunde gerade mal viereinhalb bis fünf zusätzliche U-Bahn-Zugpaare nötig.

Heute fahren in der Sptzenstunde 24 Zugpaare auf der U4/U5, also im 2,5 Minutentakt. Da die MVG ohnehin anstrebt, auch auf der U-Bahn einen 2-Minuten-Takt wie auf dem guten alten S-Bahntunnel stabil zu ermöglichen (technische Obergrenze sind 90s = 1,5 Minuten), liegt die Kapazität auf der U4/U5-Stammstrecke bei 30 U-Bahnzugpaaren. Die Differenz zu den heutigen 24 Zugpaaren reicht also locker für die zusätzlichen 4,5 Zugpaare, die im ungünstigsten Fall notwendig wären, um das Verkehrsangebot der 2. Stammstrecke auf der U-Bahn darzustellen.

Wem diese Rechnungen zu trocken sind, möge zwei andere Zahlen heranziehen: die Nord-Süd-Stammstrecke der U3/U6 befördert nach den letzten verfügbaren Zahlen der MVG von 2002 an der stärksten Stelle 190.000 Fahrgästen pro Tag. Die U4/U5 aber nur 130.000 (s. Grafik). Sie ist damit von allen drei U-Bahn-Zentralstrecken am schwächsten ausgelastet, da die maximale U1/U2-Auslastung immerhin 150.000 beträgt.

Zwischen-Fazit 1: die MVG sind bislang jeglichen Nachweis schuldig gebieben, dass die U4/U5 im Normalbetrieb nicht die zusätzliche Nachfrage abdecken könnte, die die 2. Stammstrecke insgesamt im so genannten "Isarschnitt" generiert.

Was ist im Störfall?

Die stärkste Belastung kommt auf die Pasinger U-Bahn zu, wenn die S-Bahnstammstrecke komplett gesperrt ist. Dann muss sie in der Früh die gestrandeten S-Bahn-Fahrgäste von vier westlichen Außenästen (Tutzing, Herrsching, Geltendorf und Mammendorf) auf nehmen. Na und? Warum "na und"?

Weil diese Situation seit 1988 am Ostbahnhof gang und gäbe ist: bei einer Stammstreckenstörung strömen alle S-Bahnfahrgäste in die U5 - und es funktioniert auch. Und dies, obwohl am Ostbahnhof fünf S-Bahn-Außenäste zusammenkommen, also 25 Prozent mehr Aufkommen herrscht als in Pasing.

Außerdem besteht die Möglichkeit, in so einem Störfall U4-Züge, die normalerweise nur bis Laimer Platz fahren, ohne Zwischenhalt nach Pasing zu schicken und von Pasing aus als Express-U-Bahnen bis zum Hauptbahnhof laufen zu lassen, bevor sie wieder an jeder Station halten.

Zur Erinnerung: bisher bieten die MVG in Pasing nur die Tram 19 als S-Bahnersatz an - sehr witzig.

Zwischen-Fazit 2: Keine Panik: bei einem üblichen morgendlichen 5-Minuten-Takt auf der U5 nach Pasing wird es bei einem Störfall zwar kurzfristig eng in der U-Bahn, aber dies ist viel besser als das Hängenbleiben wegen total überfüllter 19er Trams.

Die Wies'n. Ja die Wies'n

Offenkundig war den MVG-Spitzenstrategien die Dürftigkeit ihrer bisher behandelten und für leicht befundenen Argumente bewusst, denn jetzt wird ein genialer Trumpf aus dem Ärmel gezogen: der Wiesn-Verkehr.

Uff.

Die Wies'n stellt natürlich eine Ausnahmesituation dar- genaugesagt an 4 Prozent des Jahres. Schon das wäre ein Hinweis, dass das ein vernachlässigbarer Zeitanteil wäre. Aber so billig will ich es mir nicht machen.

Das erste, was einem einfällt, ist, dass die Wies'n beim morgendlichen Berufsverkehr keine Rolle spielt.

Betrachtet werden muss eigentlich nur Feierabend-Verkehr, weil es hier zu Überschneidungen kommt. Und hier ist das Schöne, dass U-Bahnanbindung Pasings auch dafür sorgen wird, dass mehr Wies'nbesucher aus dem Westen schon in Pasing auf die U-Bahn umsteigen, anstatt am Hauptbahnhof - insbesondere, wenn sie den langen Anmarsch von der Hackerbrücke scheuen. Damit sind die U4/U5 im Hauptlastabschnitt Hauptbahnhof - Wies'n erstmal entlastet.

Die Entlastungsfunktion der Pasinger U-bahn für den S-U-Umsteigepunkt Hauptbahnhof ist nebenbei bemerkt ein wichtiger Vorteil gegenüber der 2. Stammstrecke, die gerade diesen Knoten noch stärker belastet!

Einen anderen Punkt verschweigt die MVG auch: die extreme Belastung des Wies'n-U-Bahnhofs durch aussteigenden Passagiere. Dies ist zwar ein Thema für sich und hat mit der U-Bahn Pasings nichts zu tun. Aber jeder Interessierte kann sehen, dass die U-Bahnfrequenz in den Spitzenanreisephasen künstlich reduzier werden muss, weil die Fahrtreppen zur Festwiese unterdimensioniert sind. Zum Teil gibt es dann Rückstau im U4/U5-Tunnel bis zum Lehel.

Hier wäre ein echter Handlungsbedarf gegeben, der offenkundig von der MVG noch nicht erkannt wurde.

Letztlich kann auch überlegt werden, ob alle 10-Minuten eine Express-U4 nach Pasing eingesetzt wird, die an der Theresienwiese durchfährt und somit qausi für die Berufspendler im Westen reserviert ist.

Zwischen-Fazit 3:
Pardon, liebe MVG-Strategen: auch die Wies'n taugt nicht als Grund, die U-Bahnanbindung Pasings als echte zweite Stammstrecke schlechtzureden.

Igitt - Zweisystemfahrzeuge!!

Wie sich doch die Zeiten ändern: als MVG-Chef König 2004 den City-Sprinter als ergänzende Allianz-Arena-Anbindung ins Gespräch brachte, waren ihm Zweisystemfahrzeuge gerade recht. Auch bei SPD-Veranstaltungen im Landkreis Freising hat Herr König Zweisystemfahrzeuge ins Spielgebracht, die von Garching nach Freising fahren könnten. oder zum Flughafen.

Jetzt wird rumgenölt, dass man da zusätzliche Fahrzeuge brauche. Dabei sind die Münchner U-Bahn-Fahrzeuge in ihrer großzügigen, vollbahnnahen Dimensionierung von jeher Ausnahme-U-Bahnfahrzeuge gewesen, die nur noch mit der Nürnberger U-Bahn vergleichbar sind. D. h. bei der Beschaffung muss München immer einen eigenen Weg gehen. Dieser Weg wurde unter Dr. Vogel bewusst gewählt, um eben eines tages U-Bahnfahrzeuge auf DB-chienen laufen zu lassen. Wie weitsichtig!

GESAMTFAZIT

Der Schuss der MVG gegen die Hoffnungen, die in die Pasinger U-Bahn gesetzt werden, geht in's Leere. "O ihr Kleingläubigen" (Matthäus 8:26) möchte man da das neue Testament zitieren.

Dabei müsste die MVG-Spitze mal nur ins Archiv gehen: der beiliegende U-Bahn-Streckennetzplan der SWM aus dem Jahre enthält schon die komplette Verlängerung nach Pasing.

Eigentlich wäre es nun an OB Ude, hier ein klares Bekenntnis zur U-Bahnanbindung Pasings zu geben. Aber kommt er hierzu überhaupt noch?

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